Zum Inhalt springen

Super, Deutschland schafft sich ab!

1. März 2017

Von unserem Gastautor Deniz Yücel (taz, 04.08.2011):

In der Mitte Europas entsteht bald ein Raum ohne Volk. Schade ist das aber nicht. Denn mit den Deutschen gehen nur Dinge verloren, die keiner vermissen wird.

BERLIN taz | Endlich! Super! Wunderbar! Was im vergangenen Jahr noch als Gerücht die Runde machte, ist nun wissenschaftlich (so mit Zahlen und Daten) und amtlich (so mit Stempel und Siegel) erwiesen: Deutschland schafft sich ab!

Noch erfreulicher: Die Ossis schaffen sich als Erste ab. Während im Westen die Zahl der Minderjährigen in den vergangenen zehn Jahren um 10 Prozent gesunken ist, ging sie im Osten um 29 Prozent zurück. Die Sandys, Mandys und Jacquelines pfeifen auf das neue deutsche Mutterkreuz („Elterngeld“) und tragen nach Kräften dazu bei, dass den ostdeutschen Volkssportarten Jammern, Opfersein und Ausländerklatschen in absehbarer Zeit der Nachwuchs ausgehen wird.

Woran Sir Arthur Harris, Henry Morgenthau und Ilja Ehrenburg gescheitert sind, wovon George Grosz, Marlene Dietrich und Hans Krankl geträumt haben, übernehmen die Deutschen nun also selbst, weshalb man sich auch darauf verlassen kann, dass es wirklich passiert. Denn halbe Sachen waren nie deutsche Sachen („totaler Krieg“, „Vollkornbrot“); wegen ihrer Gründlichkeit werden die Deutschen in aller Welt ein wenig bewundert und noch mehr gefürchtet.

Der baldige Abgang der Deutschen aber ist Völkersterben von seiner schönsten Seite. Eine Nation, deren größter Beitrag zur Zivilisationsgeschichte der Menschheit darin besteht, dem absolut Bösen Namen und Gesicht verliehen und, wie Wolfgang Pohrt einmal schrieb, den Krieg zum Sachwalter und Vollstrecker der Menschlichkeit gemacht zu haben; eine Nation, die seit jeher mit grenzenlosem Selbstmitleid, penetranter Besserwisserei und ewiger schlechter Laune auffällt; eine Nation, die Dutzende Ausdrücke für das Wort „meckern“ kennt, für alles Erotische sich aber anderer Leute Wörter borgen muss, weil die eigene Sprache nur verklemmtes, grobes oder klinisches Vokabular zu bieten hat, diese freudlose Nation also kann gerne dahinscheiden.

Apropos Sprache: Die Liste jener deutschen Wörter, die sich nicht oder nur mit erheblichem Bedeutungsverlust in andere Sprachen übersetzen lassen, illustriert, was der Welt mit dem Ableben der Deutschen verlustig ginge: Blitzkrieg, Ding an sich, Feierabend, Gemütlichkeit, Gummibärchen, Hausmeister, Heimweh, Kindergarten, Kitsch, Kulturkampf, Lebensabschnittsgefährte, Nachhaltigkeit, Nestbeschmutzer, Ordnungsamt, Querdenker, Realpolitik, Schlager, Spaßvogel, Tiefsinn, Torschlusspanik, Vergangenheitsbewältigung, Volksgemeinschaft, Weltanschauung, Wirtschaftswunder, Zwieback.

Welcher Mensch von Vernunft, Stil und Humor wäre betrübt, wenn diese Wörter und mit ihnen die ihnen zugrunde liegenden Geisteshaltungen verschwinden? Eben.

Mehr Zärtlichkeit für den Schäferhund als für die Sprache

Der Erhalt der deutschen Sprache übrigens ist kein Argument dafür, die deutsche Population am Leben zu erhalten. Denn der Deutsche und das Deutsche haben miteinander etwa so viel zu schaffen wie Astronomie und Astrologie. Oder besser noch: wie Lamm und Metzger. „Für seinen Schäferhund und seine Wohnzimmerschrankwand empfindet der Deutsche mehr Zärtlichkeit als für seine Sprache“, bemerkte Thomas Blum einmal. Im Interesse der deutschen Sprache können die Deutschen gar nicht schnell genug die Biege machen.

Nun, da das Ende Deutschlands ausgemachte Sache ist, stellt sich die Frage, was mit dem Raum ohne Volk anzufangen ist, der bald in der Mitte Europas entstehen wird: Zwischen Polen und Frankreich aufteilen? Parzellieren und auf eBay versteigern? Palästinensern, Tuvaluern, Kabylen und anderen Bedürftigen schenken? Zu einem Naherholungsgebiet verwildern lassen? Oder lieber in einen Rübenacker verwandeln?

Egal. Etwas Besseres als Deutschland findet sich allemal.

(Anmerkung von Herrn Rabenstein: Natürlich ist das alles Satire. Hätte Herr Yücel solche „Satire“ über die Türken verfasst, dann hätte er beim Heimflug in die Türkei nicht einmal lebend das Flughafengebäude verlassen.)

6 Kommentare leave one →
  1. Gerhard Bauer permalink
    1. März 2017 11:55

    Julius, warum glaubst Du wohl, sind sie so für diesen Typen. Wer von denen unterstützt wird, ist in der Regel ein Antideutscher.
    Erdogan kann und soll ihn behalten, mit ihm auch gleich noch den Rest der in der BRD lebenden Türken die sich zur Türkei bekennen und sich nur die Rosinen rauspicken wollen.

  2. saejerlaenner permalink
    1. März 2017 13:29

    Soso. Der gute Mann bettelt förmlich darum, ihm die Cholera an den Arsch zu wünschen.

  3. 1. März 2017 22:30

    Traurich traurich aber wahr

  4. francomacorisano permalink
    2. März 2017 04:13

    Die meisten der genannten Worte aus der Deutschen Sprache, die angeblich in andere Sprachen nicht oder nur schlecht zu übersetzen sind, können sehr wohl in zivilisierte Sprachen ohne Bedeutungsverlust übersetzt werden. Hier nur 2 Beispiele:
    – Gummibärchen (englisch: gummi bears, spanisch: gomitas);
    – Kindergarten (englisch: day care, spanisch: nido)

    Vielleicht ist nur die Übersetzung in die türkische Köter-Sprache (die Verwendung dieses Wortes für andere Menschen ist ja richterlich erlaubt worden!) schwierig.

    Ich wünsche dem Türken Yücel noch einen ausgiebigen Aufenthalt in Erdogans Knast!

  5. 5. März 2017 01:51

    Wenn alle voelker so negativ beurteilt wuerden wie das deutsche volk mussten alle abgeschafft werden.
    Morgentau und Harris an erster stelle

Trackbacks

  1. Deniz Yücel: „Super, Deutschland schafft sich ab!“ | Viel Spass im System

Hinterlasse einen Kommentar